Das FürsorgeGen der Männer

Vater und Kind

Alles, was mit der Sorge und Betreuung von Kindern zu tun hat, ist seit Jahrhunderten fest in weiblicher Hand. Es sind in erster Linie die Mütter, die ihre Arbeitszeit reduzieren, wenn ein Kind geboren wird. Hebammen – fast ausschließlich Frauen. Betreuungspersonal in den Kitas – über 90 Prozent Frauen. Pflegepersonal in den Krankenhäusern – zu über 80 Prozent weiblich. Über Jahrhunderte haben wir gelernt: Die Frauen sind das fürsorgliche Geschlecht. Die Männer die Versorger, die raus in die Welt gehen und ihr Leben riskieren, damit die Brut daheim versorgt ist.

Und jetzt das! Forscher*innen haben herausgefunden, dass Männer ein „FürsorgeGen“ haben.

Dass Väter sich liebevoll und durchaus kompetent um ihre Kinder kümmern können, ist für viele von uns nichts Neues. Dass Männer, lange bevor sie zu reinen Ernährern wurden, in erster Linie Kümmerer waren, schon. Das Forscher*innenteam um Lee T. Gettler, Professor an der University of Notre Dame in Indiana (USA) geht sogar noch einen Schritt weiter und geht davon aus, dass es ohne den fürsorglichen Vater keinen versorgenden Vater geben würde. 

Um zu überleben, mussten Menschen schon immer ihre Nahrungsmittel teilen. Teilen setzt verlässliche Partner*innen innerhalb der Gemeinschaft voraus. Sammeln kann man immer. Die Früchte hängen fest an den Bäumen und Sträuchern. Sie rennen nicht weg. Auch kleiner Tiere und Insekten sind recht einfach zu fangen. Sie sind eine sichere Nahrungsquelle. Jagen ist da schon schwieriger. Weniger vorhersehbar. Daher wurde nicht regelmäßig gejagt und das Gejagte dann auch eher nicht im großen Stil geteilt. Wenn Frauen tatsächlich in erster Linie Sammlerinnen und Männer Jäger waren, bedeutet das, dass die Männer von den Frauen abhängig waren.

Die These der Forscher*innen: Teilen heißt: Geben und Nehmen. Um in den Genuss von Nahrungsmitteln zu kommen, haben die männlichen Mitglieder der Gemeinschaft sich um den Nachwuchs gekümmert.

Belege für die These fanden die Forscher*innen zum einen bei nicht-menschlichen Primaten, wie den Pavianen, Gorillas und Makaken, die alle dem Nachwuchs gegenüber sehr tolerant sind. Hinzu kommt, dass männliche Primaten, die sich um den Nachwuchs kümmern, egal ob es der eigene oder der eines anderen ist, bei den Weibchen begehrter sind. 

Dass die Fürsorge fest in der männlichen Biologie verankert ist zeigt sich, laut der Forscher*innen, im Testosteronspiegel der Männer. Je mehr sich ein Mann um Kinder kümmert, desto niedriger ist sein Testosteron. Macht weniger Testosteron einen Mann jetzt unmännlich? Nein, denn angesichts dieser Ergebnisse ist ein echter Mann ein Mann, der sich kümmert! Egal wie viel Testosteron er im Blut hat. 

Die Männer, die wir fälschlicherweise als „Neue Väter“ bezeichnen sind nichts Neues. Vielmehr sind sie die echten, die wahren Männer. Die Männer, die das machen, was ihre biologische Bestimmung ist: Sich aktiv mit um den Nachwuchs kümmern. 

Also: Bahn frei für die echten, die wahren Männer!

Mehr Männer in Teilzeit! Alle Mütter, die bisher noch Bedenken hatten, ob ihr Partner das mit den Kinder alleine schafft, können sich jetzt endlich entspannt zurücklehnen und sich ihrem Beruf widmen. Die Männer können das! Sie haben es quasi im Blut.

Mehr Männer in die Kitas! Die Forschung hat widerlegt, dass Männer sich nur um ihren eigenen Nachwuchs kümmern können. Sie können sich auch um den Nachwuchs anderer kümmern. Nicht nur ist belegt, dass es für Kinder, insbesondere aber für kleine Jungs, wichtig ist, männliche Vorbilder zu haben. Es hat sich auch gezeigt, dass mehr Männer in von Frauen dominierten Berufen zu einer Gehaltssteigerung für alle führen. Ein Hebel, um den Equal Pay Gap zu schließen. Mehr dazu in meinem Beitrag „Mehr Frauen in Männerberufe schließt keinen Pay Gap“. 

Mehr Männer in die Pflege! Wer sich um Kinder kümmern kann, kann sich um Menschen jeder Altersklasse kümmern. Uns werden bis 2030 307.000 Pflegepersonen fehlen. Wir müssen den männlichen Teil unserer Bevölkerung dazu motivieren, pflegende Berufe zu ergreifen. Um den Pflegenotstand zu beenden und um auch in diesem Beruf das Gehalt für alle zu steigern (siehe oben).